Das will Stuttgarts neuer OB für die Community tun

Es ist entschieden: Am 29. November haben die Stuttgarter*innen im zweiten Wahlgang den CDU-Kandidaten Frank Nopper zum neuen Oberbürgermeister der Landeshauptstadt gewählt. Im Vorfeld der Wahlen hatten wir zusammen mit anderen Vereinen und Verbänden der Community alle Kandidierenden zu LSBTTIQ-Themen befragt. Hier noch mal zusammengefasst, was Frank Nopper geantwortet hatte.

Oberbürgermeister*in-Wahl in Stuttgart

Der Fragenkatalog wurde entwickelt von:

Holger Edmaier, Projekt 100% MENSCH; Kerstin Fritzsche, LSVD Baden-Württemberg e.V.; Alex Leo Häfner, Mission Trans; Marion Römmele, Frauenberatungs- und Therapiezentrum Stuttgart Fetz; Christoph Michl, IG CSD Stuttgart e.V.; Joachim Stein, Weissenburg e.V.

SCHWERPUNKT AKZEPTANZ: Mit dem Aktionsplan des Landes Baden-Württemberg ist die Sichtbarkeit von Vielfalt für die Stuttgarter Stadtgesellschaft zu einem wichtigen Thema geworden. Mit dem CSD Stuttgart, dem Trans* Pride Stuttgart, dem Transgender Day of Remembrance und vielen weiteren Veranstaltungen der LSBTTIQ-Community zeigen queere Menschen seit Jahren Flagge für ein offenes, freies und vielfältiges Stuttgart und fordern gleiche Rechte ein.

Könnten Sie sich vorstellen, die LSBTTIQ-Community bei ihren Aktionen zu
unterstützen?

Frank Nopper: Ich möchte Oberbürgermeister aller Stuttgarterinnen und Stuttgarter sein, damit natürlich aller aus der LSBTTIQ-Community. Dazu gehört auch, deren Interessen und Aktionen zu unterstützen.

Unterstützen Sie das bisherige Hissen der Regenbogenflagge/Trans*-Flagge
zu den entsprechenden Veranstaltungen am Rathaus?

Frank Nopper: Zunächst hoffen wir mal alle miteinander, dass es 2021 wieder einen großen CSD mit Parade und Straßenfest geben kann. Und natürlich wird dazu wieder das Rathaus beflaggt, wie es mittlerweile seit der Amtszeit von Wolfgang Schuster ja schon Tradition ist.

Der internationale Tag gegen Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit sowie der Transgender Day of Remembrance sind wichtige Gedenktage der queeren Community. Sollte sich die Landeshauptstadt an diesen beteiligen und wenn ja, wie könnten Sie sich eine solche Beteiligung vorstellen?

Frank Nopper: Darüber und über viele weitere Themen und Fragen würde ich mich gerne zeitnah nach meinem Amtsantritt im Arbeitskreis LSBTTIQ der Stadt Stuttgart mit den handelnden Akteuren austauschen und gemeinsam Ideen entwickeln.

SCHWERPUNKT VERWALTUNG: Um Diskriminierung zu verringern ist es notwendig, die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, städtischen Behörden und städtischen Betrieben weiterhin und dauerhaft für die Vielfalt von Menschen zu sensibilisieren.

Planen Sie Impulse zu setzen, um die städtischen Einrichtungen, insbesondere der Pflege, der Gesundheitsversorgung und der (früh-)kindlichen Bildung, zum Thema Vielfalt von Geschlecht und sexueller Orientierung zu sensibilisieren?

Frank Nopper: Wir werden die großen Herausforderungen gerade z.B. in der Pflege und der Kita-Betreuung nur bewältigen, wenn wir für alle, gerade auch für Menschen aus der LSBTTIQ-Community, ein attraktiver Arbeitgeber werden. Und daraus ergibt sich dann eine ganz natürliche Sensibilisierung für das Thema durch Menschen, die dies ganz offen vorleben.

30 Städte aus 14 Ländern haben sich zum Schutz und zur Unterstützung ihrer LSBTTIQ-Community zum Rainbow City Network zusammengeschlossen. Denken Sie, dass Stuttgart ebenfalls beitreten sollte?

Frank Nopper: Grundsätzlich ja, ich müsste mich aber im Detail mit diesem Netzwerk beschäftigen bzw. mehr Informationen erhalten. Lässt der enge Zeitplan im Wahlkampf aktuell leider nicht zu. 😉

Unterstützen Sie den Ansatz, das Thema LSBTTIQ als Querschnittsthema in allen Politik- und Verwaltungsbereichen zu implementieren?

Frank Nopper: Grundsätzlich sollen alle Themen rund um Diversity in allen Bereichen der Stadtpolitik und der Verwaltung positiv erlebbar sein.

BEDARFE: Die vielfältige LSBTTIQ-Community Stuttgarts benötigt Räume und Ressourcen, um den wachsenden Bedarfen gerecht werden zu können.

Derzeit wird eine Machbarkeitsstudie für ein Regenbogenhaus durchgeführt. Würden Sie gegebenenfalls ein sichtbares und für alle offenes Kommunikationszentrum der LSBTTIQ-Community unterstützen?

Frank Nopper: Genau diese Fragen sollen ja aktuell in der Machbarkeitsstudie diskutiert und erarbeitet werden. Ich werde mir dann das Ergebnis anschauen und mit den Beteiligten die daraus abgeleiteten Möglichkeiten diskutieren. Sicher ist aber, dass die aktuell im Stadtgebiet verstreuten Einrichtungen und Beratungsstellen dadurch nicht den effizientesten Einsatz der kommunalen Fördermittel ermöglichen.

Queere Jugendliche benötigen besondere Schutzräume und Beratung. Befürworten Sie die Einrichtung queerer Jugendräume?

Frank Nopper: Mit dieser Frage würde ich mich gerne noch vertiefter beschäftigen, bevor ich eine Position ausführen kann.

Die Regenbogen.Bildung.Stuttgart ist ein Schulaufklärungsprojekt, das Antidiskriminierungsarbeit für Schulklassen und Jugendgruppen nach dem Peer-2-
Peer-Konzept durchführt. Sie hat sich sehr gut etabliert und wird stark nachgefragt. Bisher ist die Regenbogen.Bildung projektfinanziert und wird nach Ende des Projektes eingestellt werden müssen. Würden Sie eine dauerhafte Etablierung der Regenbogen.Bildung unterstützen?

Frank Nopper: Es ist ja gerade das Prinzip der Projektförderung, dass man an ihr neue Ideen und Konzepten testen kann. Wenn sie sich dann als nachhaltig, notwendig und erfolgreich erweisen, spricht nichts gegen eine Regelförderung.

Im letzten Haushaltsplan hat die Landeshauptstadt Stuttgart die Regenbogen-Community spürbar unterstützt. Die Corona-Pandemie stellt die Finanzplanung der Landeshauptstadt nun vor besondere Herausforderungen. Würden Sie sich dafür stark machen, dass die LSBTTIQ-Community ihre Arbeit für die Stadtgesellschaft nachhaltig weiterführen kann?

Frank Nopper: JA!

SCHWERPUNKT PARTNERSTÄDTE: Die Lage für queere Menschen in Polen wird immer schwieriger. Mittlerweile hat sich fast ein Drittel des polnischen Staatsgebietes zu sogenannten „LSBT-freien Zonen“ erklärt. Stuttgarts Partnerstadt Łódź ist diesen Schritt glücklicherweise bisher nicht gegangen.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, queere Menschen in unseren Partnerstädten zu unterstützen und einen besonderen Fokus auf diese Gruppe in der Partnerschaft zu setzen?

Frank Nopper: Dazu werde ich mich gerne mit unserer Abteilung Außenbeziehungen austauschen, inwiefern wir als Stadt hier positiv wirken können.

Könnten Sie sich vorstellen, eine aktive Rolle im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (CEMR) bezüglich der Menschenrechtslage queerer Personen in Polen, Ungarn, Rumänien und anderen Staaten einzunehmen?

Frank Nopper: Grundsätzlich sollte Stuttgart auch auf der europäischen Ebene künftig wieder eine wichtigere Rolle einnehmen. OB Schuster hatte hier sehr viel aufgebaut, was leider in den letzten acht Jahren nicht weiterbearbeitet wurde. In diesem Zusammenhang müssen sicher auch die Themen der LSBTTIQ-Community Teil der Arbeit der Stadt sein.

Wie stehen Sie zum Spannungsfeld Städtepartnerschaft und LSBTTIQ-freie Zonen in Polen?

Frank Nopper: Städtepartnerschaften waren gerade immer dann besonders wichtig, wenn es zwischen den Partnerstädten unterschiedliche Ansichten zu Themen gab. Gerade dann ist auch der Austausch der jeweiligen Gesellschaft durch Schüler, Vereine, Unternehmen oder Verbände von großem Wert. Dies würde ich sehr gerne weiter ausbauen.

Ist die Städtepartnerschaft mit Łódź in Ihren Augen gefährdet?

Frank Nopper: Das fände ich sehr schade, und ich würde mich dafür einsetzen, dass es dazu nicht kommt. Dazu bedarf es aber gegenseitiges Verständnis auf beiden Seiten der Partnerschaft.