Am Mittwoch haben Bündnis 90/Die Grünen und die CDU in Baden-Württemberg ihren neuen Koalitionsvertrag vorgestellt. Der LSVD Baden-Württemberg begrüßt das breite Vorgehen gegen Hasskriminalität und Hate Speech, sieht aber Lücken bei den Themen Bildung und Corona.
Dazu erklärt Kerstin Fritzsche aus dem Landesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) Baden-Württemberg:
„Wir freuen uns, dass die zukünftigen Regierungsparteien sich für die Akzeptanz und Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTTIQ) in Baden-Württemberg einsetzen wollen. Die zugesagte Fortschreibung des Aktionsplans ‚Für Akzeptanz & gleiche Rechte‘, die Schaffung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes sowie das Versprechen, die im Bildungsplan verankerte Leitperspektive ‚Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt‘ besser umsetzen zu wollen, ist sehr erfreulich. Auch den Willen, sich im Bundesrat sowie auf internationaler Ebene für die Stärkung von Regenbogenfamilien einsetzen zu wollen und das klare Bekenntnis zum besonderen Schutzstatus von LSBTTIQ-Geflüchteten begrüßen wir. Damit sind wesentliche Forderungen unseres Verbandes tatsächlich in den Koalitionsvertrag und damit in die Regierungsvorhaben von Grün-Schwarz mit eingeflossen.“
Freilich wird sich zeigen, wie die Vorhaben genau inhaltlich ausgestaltet werden. Dies werden wir beobachten und auch immer wieder mit der Community rückkoppeln.
Im Bereich Bildung hat sich der LSVD mehr Verankerung von Regenbogenkompetenz erhofft, gerade auch, weil diese ein großes Querschnittsthema bei den Bildungsplänen darstellt. Das Vorhaben, Lehrer*innen hinsichtlich der Leitperspektive „Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt“ konsequent schulen zu wollen, begrüßen wir sehr. Jedoch waren in der vergangenen Legislaturperiode eher fehlende feste Ansprechpersonen in den Schulen für LSBTTIQ-Themen und fehlende Sichtbarkeit in Lehrmaterialien in den Fokus gerückt. Noch im Winter hatte die Grünen-Fraktion im Landtag selbst eine Evaluation von Schulbüchern und der Umsetzung der Leitperspektive im Unterricht gefordert.
„Wir hoffen, dass dieses Vorhaben jetzt nicht wieder unter den Tisch fällt und zusammen mit den zuständigen Ämtern erarbeitet wird. Eine solche Studie wäre eine wichtige Grundlage für eine systematisierte und verbindlichere Umsetzung der Leitperspektive an Baden-Württembergs Schulen“, so Fritzsche.
Dass Hasskriminalität und Hate Speech durch einen Aktionsplan ressortübergreifend der Kampf angesagt werden soll, ist beachtlich. Auch die Einrichtung einer Meldestelle für Ehrenamtliche ist begrüßenswert und wird sicherlich im Bereich LSBTTIQ angenommen werden.
Bedauerlich ist jedoch, dass das Thema Hassgewalt gegen LSBTTIQ mit keiner Silbe im Koalitionsvertrag benannt wird, zumal die Regierungsparteien auch ein Landesantidiskriminierungsgesetz auf den Weg bringen wollen, das der LSVD zusammen mit 60 anderen Verbänden und Vereinen gefordert hatte. Wir appellieren daher erneut, beim Aktionsplan gegen Hassgewalt sowie im zukünftigen Landesantidiskriminierungsgesetz LSBTTIQ-Feindlichkeit explizit zu benennen.
Das gilt auch für die gesellschaftlichen Folgen der Pandemie. Diskriminierungserfahrungen und die Verletzlichkeit von LSBTTIQ bei Schutz- und Eindämmungsmaßnahmen müssen bei der Einrichtung der geplanten Enquete-Kommission berücksichtigt werden. Hier brauchen LSBTTIQ Sitz und Stimme. Denn hier ist Teilhabe klar eine Frage der gesellschaftlichen Teilhabe.
Zum Nachlesen: Was hatten CDU und Bündnis 90/Die Grünen im Einzelnen in ihren Antworten auf die Wahlprüfsteine des LSVD vor der Landtagswahl geäußert und versprochen?
Antworten von Bündnis 90/Die Grünen
Antworten der CDU