Hasskriminalität stoppen, Demokratie verteidigen: Rede vom IDAHOBITA 2024

Zum diesjährigen IDAHOBITA am 17. Mai, dem „Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, Trans- und Asexuellenfeindlichkeit“, hatten wir zusammen mit IG CSD Stuttgart – Stuttgart Pride, Aids-Hilfe Stuttgart, Weissenburg, LC Stuttgart, Türkischer Gemeinde Baden-Württemberg, Bären Stuttgart, Salz der Erde MMC Gemeinde Stuttgart sowie VelsPolSÜD (Interessenvertretung und Mitarbeiter:innennetzwerk für queere Beschäftigte in Polizei, Justiz und Zoll in Baden-Württemberg und Bayern) einen Aktionstag mit Informationsangeboten, Musik- und Redebeiträgen auf dem Stuttgarter Rotebühlplatz veranstaltet. Hier könnt ihr unsere Rede nachlesen.

Hallo, ich grüße euch! Schon wieder ist ein Jahr rum. Schon wieder stehen wir hier zusammen und machen auf den IDAHOBITA aufmerksam. Leider ist das nötiger denn je, müssen wir lauter sein als jemals zuvor. Denn es gilt, bei den Europa- und Kommunalwahlen am 9. Juni einen Rechtsruck zu verhindern, der mit Sicherheit auch die Rechtslage für queere Menschen weiter einschränken wird. Immer noch ist in mehr als 70 Ländern der Welt Homo-, Bisexualität und jeglicher Ausdruck von Queerness verboten, in vielen gilt  die Todesstrafe. Mit Russland und seinem Verbot von Homosexualität kam im vergangenen Jahr ein besonders prominentes Land hinzu.  

Apropos Europa: Zwar hat sich laut der International Lesbian and Gay Association, der ILGA, mit der wir als LSVD Verband Queere Vielfalt zusammenarbeiten, in Europa einiges verbessert. Aber es sind immer noch 20 von 49 Ländern, die keine Gesetzgebung gegen queerfeindliche Hasskriminalität haben. In 32 europäischen Ländern sind Hetze und Hasskriminalität gegen LSBTTIQ quasi gang und gäbe, davon sind 19 EU-Mitglieder. Und in 28 Ländern gibt es keinen gesetzlichen Schutz vor Angriffen auf die eigene sexuelle oder geschlechtliche Identität. Das Europäische Parlament hat jüngst im Januar beschlossen, die Liste der EU-Straftatbestände um Hetze und Hasskriminalität zu ergänzen. Freilich kann hier nur geahndet werden, was schon passiert ist und angezeigt wurde. Deswegen ist wichtig, dass die EU-Abgeordneten zum Schutz von queeren Menschen beitragen und sich dazu bekennen.

Vor dem Europawahlkampf hatte der LSVD Verband Queere Vielfalt zusammen mit der ILGA und anderen europäischen queeren Verbänden daher die Kampagne „Come out 4 Europe“ gestartet. Angesichts der akuten Bedrohung der Grund- und Menschenrechte von LSBTTIQ* fordern wir die Kandidierenden für das Europäische Parlament auf: Setzt euch gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für die Menschenrechte queerer Menschen, für Gleichberechtigung, für Vielfalt und für demokratische Grundwerte ein. Unterschreibt die Come-Out-4-Europe-Selbstverpflichtung und setzt damit ein starkes Signal für ein vielfältiges Europa, das Menschenrechte schützt. In Deutschland haben bereits 79 Politiker:innen die Selbstverpflichtung unterzeichnet, in Frankreich sogar 113.

Obwohl Deutschland sich im Ranking der Länder, das ebenfalls von der ILGA jährlich erstellt wird, zwar verbessert hat, stehen wir aber immer noch nicht so richtig gut da. Auf der Rainbow Map der ILGA, dem Index für die europäischen Länder über den gesellschaftlichen und rechtlichen Status bezüglich LSBTTIQ-Rechten, ist Deutschland auf Platz 10. Ja, das Selbstbestimmungsgesetz kommt zwar – es passiert vermutlich in diesen Stunden gerade den Bundesrat – , aber einige andere versprochene Gesetzesvorhaben sind immer noch nicht umgesetzt, allen voran die Reform des Abstammungsrechts. Und wesentlicher Faktor für das Ranking bei uns: Die Zahl der Straftaten gegen queere Menschen ist erneut gestiegen!


Auf Landesebene hier in Baden-Württemberg freuen wir uns, dass sich das Innenministerium endlich entschieden gegen queerfeindliche Hasskriminalität einsetzt. Das haben wir jahrelang gefordert. Zum einen müssen queerfeindliche Angriffe und Straftaten eindeutig von der Kriminalstatistik erfasst werden, damit aufgrund von Zahlen und dokumentierten Fällen passende Maßnahmen getroffen werden können. Zum anderen müssen Polizei und Justiz sensibilisiert sein und aktiv handeln können. Wir begrüßen daher, dass der Kabinettsausschuss Ende April entsprechende Maßnahmen speziell zum Schutz der queeren Community beschlossen hat und sich in diesem Jahr fortlaufend mit der Sicherheitslage von LSBTTIQ in Baden-Württemberg beschäftigt. Das sind gute Fortschritte.

Aber wir brauchen auch Euch. Nur geschlossen und in jeder Situation können wir Hass und Hetze gut gegenübertreten. Denn nicht mit uns! Wir lassen uns nicht durch Hass und Hetze auseinanderbringen! Unsere Existenz steht nicht zur Debatte; queere Rechte sind Menschenrechte!