Baden-Württemberg wird LSBTIQA+-Freiheitsraum – Wir begrüßen das Votum

Gestern hat der Landtag von Baden-Württemberg dem Antrag „Baden-Württemberg wird Freiheitsraum für LSBTIQA+ Personen“ zugestimmt. Der Antrag orientiert sich an einer Entschließung des Europäischen Parlaments, die EU zum Freiheitsraum für LSBTTIQ* zu erklären. Mit dem gestrigen Votum ist Baden-Württemberg das dritte Bundesland nach Berlin und Bremen, das sich zur Freiheitszone für Queers erklärt.

„Wir begrüßen es, dass sich der Landtag mit der Annahme des Antrags ‚Baden-Württemberg wird Freiheitsraum für LSBTIQA+-Personen‘ deutlich gegen Queerfeindlichkeit stellt und sich ebenfalls den Forderungen des Europäischen Parlaments anschließt“, so Kerstin Rudat aus dem Landesvorstand. „LSBTTIQ* sollten überall in der EU die Freiheit genießen, ihre sexuelle und geschlechtliche Identität zu leben und öffentlich zu zeigen, ohne Angst vor Intoleranz, Diskriminierung oder Verfolgung haben zu müssen. Die Behörden auf allen Regierungsebenen innerhalb der EU sind damit in die Pflicht genommen, die Gleichheit und die Grundrechte aller, einschließlich LSBTTIQ*-Personen, zu schützen und zu fördern.“

Baden-Württemberg wird nach Berlin und Bremen LSBTIQA+ Freedom Zone

Den Erst-Antrag hatte die SPD gestellt. Grüne, FDP und CDU hatten sich diesem mit einem Änderungsantrag angeschlossen, sodass das Anliegen in einem neuen Entschließungsantrag gemeinsam ins Parlament eingebracht wurde. Überraschenderweise wurde der Antrag einstimmig am Donnerstag im Landtag angenommen – auch die AfD stimmte ihm zu.

Der LSVD Baden-Württemberg erwartet von der Landesregierung, engagiert Hass und Hetze zu begegnen und ihre Bemühungen im Kampf gegen LSBTTIQ*-feindliche Hassgewalt und -kriminalität zu verstärken. Dazu gehört es auch, endlich ein Landesantidiskriminierungsgesetz auf den Weg zu bringen.

Kerstin Rudat: „Wir sehen die Erklärung zur LSBTIQA+-Freiheitszone als Versprechen der baden-württembergischen Landesregierung, sich verstärkt dem Schutz und der Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren Menschen zu widmen sowie für ihren Schutz im In- und Ausland einzutreten.“

Der Antrag findet sich hier.

EU: Das Parlament ruft die EU zum „Freiheitsraum für LGBTIQ-Personen“ aus

Verfolgung lesbischer Frauen in BW wird endlich erforscht

Im Rahmen des Forschungsprojekts zur LSBTTIQ-Verfolgungsgeschichte in Baden-Württemberg werden die Schicksale lesbischer baden-württembergischer Frauen im Nationalsozialismus erforscht. Das baden-württembergische Wissenschaftsministerium sagte jetzt eine Finanzierung dafür von 200.000 Euro zu.

Nachdem die Erforschung der Geschichte von LSBTTIQ-Menschen im Nationalsozialismus lange Zeit vernachlässigt wurde, machte sich die grüne Landtagsfraktion diese Erforschung nach der Landtagswahl 2011 zum Ziel. In den ersten zwei Modulen in Kooperation mit der Universität Stuttgart und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld stand die Verfolgung schwuler Männer im Fokus. Jetzt soll sich in einem dritten Modul der Verfolgung lesbischer Frauen gewidmet werden. Eingesetzt dafür hatte sich vor allem die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch, die auch queerpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg ist.

Für die wissenschaftliche Aufarbeitung wurden die Professorinnen Katja Patzel-Mattern und Karen Nolte (Historisches Seminar und medizinische Fakultät, beide Universität Heidelberg) sowie die Historikerin Silvia Paletschek (Universität Freiburg) beauftragt. Damit wurde ihrem Forschungsantrag „Alleinerziehende Frauen, Freundinnen, frauenliebende Frauen – lesbische Lebenswelten im deutschen Südwesten (ca. 1920er- bis 1960er-Jahre)“ mit Unterstützung des Netzwerks LSBTTIQ stattgegeben.

Der LSVD Baden-Württemberg begrüßt die Entscheidung und die Förderung. Seit Jahrzehnten spielte und spielt für Forschung und Gedenkstätten die Verfolgung lesbischer Frauen in der NS-Zeit keine Rolle. Nach wie vor tut sich die Geschichtswissenschaft generell schwer mit queeren und auch feministischen Forschungsperspektiven. Es gibt zwar Arbeiten von Historikerinnen und Soziologinnen zur Verfolgung lesbischer Frauen. Diese werden aber zumeist als unwissenschaftlich abgetan. Es fehlt an Finanzierung, Wahrnehmung, einer Lobby, Übersetzungs- und Verbreitungsmöglichkeiten. Während bei schwulen Männern die Verfolgung ja quasi durch die Paragrafen 175 und 175a „belegt“ und nachgewiesen werden kann, war bisher das Hauptargument gegen die Erforschung lesbischer Schicksale im Nationalsozialismus, dass Lesben eben nicht offiziell kriminalisiert und verfolgt wurden. Die fehlende Kriminalisierung wiederum hat im Nationalsozialismus aber auch einen Grund: Frauen wurde generell kein Begehren zugestanden. Warum dann also weibliche Homosexualität unter Strafe stellen?2Netzwerks LSBTTIQ Baden-Württemberg vom Wissenschaftsministerium zur Förde-rung mit insgesamt 200.000 Euro ausgewählt.Ein ganz wichtiger Schritt zur Aufarbeitung der lesbischen Verfolgungsgeschichte, wie die langjährige Fürsprecherin der queeren Community im Landtag von Baden-Württemberg betont. So erinnert sie auch an das unwürdige Gezänkdarüber ob in der Gedenkstätte Ravensbrück auch der Verfolgung lesbischer Frauen Gedacht werden darf. „Nach diesem Forschungsprojekt kann kein Mensch mehr die Verfol-gung lesbischer Frauen in Zweifel ziehen“, sagt Brigitte Lösch abschließend.